EAM-Beteiligung: Befürworter sprachlos – FDP sagt geschlossen NEIN!

Mit 15 Stimmen (SPD, CDU, Grüne) beschloss das Stadtparlament am 16. Oktober 2014 die Beteiligung der Stadt Neukirchen mit 0,49% am neu gegründeten Energieversorger EAM. Die Beteiligung von rund 3,8 Millionen Euro wird über einen Kredit finanziert, der später mit den Renditezahlungen verrechnet wird. Finanziell spürbar wird die Beteiligung erst nach rund 25 Jahren im Jahr 2040!!! Hinzu kommt, dass die Stadt Neukirchen eine Bürgschaft von knapp 400.000 € übernimmt.

Vorausgegangen waren „Informationen“ eines Beratungsbüros über mehrere Monate, hundert Seiten, die kein ehrenamtlich Tätiger verstehen konnte. Selbst die Abstimmung war juristisch so kompliziert, dass in neun Teilen gesondert abgestimmt werden musste.

Die drei Stadtverordneten der FDP-Fraktion stimmten geschlossen gegen die Beteiligung. Weitere Nein-Stimmen kamen von der FWG (2) und UBL (2), 4 Enthaltungen aus den Reihen der CDU und von den Grünen.

Keine Antwort auf die entscheidende Frage
Für die FDP lautet die entscheidende Frage, die wir immer wieder gestellt haben: „Warum verkauft der Stromkonzern EON-Mitte einen Geschäftsbereich, wenn er doch so lukrativ ist?“ Diese Frage konnte in den letzten Monaten nicht beantwortet werden. Oder handelt es sich bei dem Stromnetz doch um einen Ladenhüter, der große Investitionen erfordert, die dann von den neuen Eigentümern (Kreise, Städte und Gemeinden) zu bezahlen sind?

Für die FDP-Fraktion ist das langfristige Risiko viel zu groß, weil überhaupt nicht klar ist, wie das Stromnetz der Energiewende aussehen wird und wie viele Millionen Euro investiert würden müssen. Auch die Frage, ob die Stadt Neukirchen, die selbst mehrere Millionen Euro Schulden hat, für ein Unternehmen eine Bürgschaft eingehen kann, wird von der FDP-Fraktion mit einem klaren NEIN beantwortet.

Interessant bei der Behandlung des Tagesordnungspunktes war, dass von den Befürwortern der EAM-Beteiligung (SPD und Mehrheit der CDU) keine Argumente vorgetragen wurden. Den einzigen Redebeitrag leistete die FDP-Fraktion durch ihren Stadtverordneten Carsten Klee.

 

Redebeitrag der FDP-Fraktion zu Top 10 der Stadtverordnetenversammlung am 16.10.2014

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher, Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, Vertreter der Presse, sehr verehrte Gäste!

Nachdem wir in diesem Jahr mit Unmengen an Papier zugeschüttet wurden, von dem ich – und ich glaube, ich sprechen hier nicht nur für mich – letztendlich sehr wenig verstanden habe, haben wir heute unter Punkt 10 mit 9 Unterpunkten die finale Entscheidung zu treffen, ob sich die Bürger der Stadt Neukirchen an dem Rückkauf des Verteilernetzes unserer Stromversorgung beteiligen wollen.

Ja, der Deal zwischen E.ON und dem Kreis ist bereits gelaufen. Auslöser war hier der Veräußerungswille der E.ON. Tun wir also jetzt nicht so, als wäre das jetzt eine Formalie zwischen Kreis und Stadt.

Die Mehrheit der Anteile an der EAM wurden 2002 an den Energiekonzern E.ON verkauft. Damals wurde dieser Verkauf gelobt und es wurde von Synergie-Effekten geschwärmt. Es wurde damit argumentiert, dass man in dem hart umkämpften Energiemarkt einen starken und verlässlichen Partner für unsere Region brauche.

Ist der Markt heute nicht mehr so hart umkämpft, ist dieser starke, verlässliche Partner heute nicht mehr nötig?

Nur 12 Jahre nach dem Verkauf ist nun nicht mehr die Privatisierung der Stromnetze, sondern die Rekommunalisierung die neue Strategie, angeblich um in der Zukunft ein starker und verlässlicher Energie- und Netzpartner für unsere Bürgerinnen und Bürger zu sein.

Sie sehen, die Worte sind die gleichen – nur der Sinn hat sich verändert.

Was ist in der Zwischenzeit passiert? Erneuerbare Energien, also u. a. private Fotovoltaikanlagen belasten immer mehr die örtlichen Verteilernetze mit Transformatoren, die i.d.R. über 50 Jahre alt sind. Dabei, und so lesen wir in einer im September veröffentlichten Studie namens „Moderne Verteilernetze für Deutschland – Abschlussbericht“, in Auftrag gegeben vom Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi), dass das häre Ziel , das im Erneuerbare-Energie-Gesetz formuliert ist, gerade mal zu einem Drittel umgesetzt ist und weist den Fahrplan und die damit verbundenen Kosten bis 2032 aus. Den Hinweis auf den Abschlussbericht dieses Forschungsprojektes habe ich letzte Woche in der Haupt- und Finanzausschuss-Sitzung allen Fraktionen übergeben. Ich hoffe, Sie konnten sich ein Bild machen – allerdings – wieder 209 Seiten Papier, die das Thema irgendwie nicht leichter machen.

Zusammengefasst steht hier, unsere Verteilernetze haben heute nicht die nötige Leistungsfähigkeit, den in der Fläche produzierten Strom zu bündeln und dahin zu bringen, wo er verbraucht wird. Es sind erhebliche Investitionen, zunächst einmal durch die Eigentümer, dann also durch uns, zu tätigen.

Aus dieser Sicht kann ich die E.ON-Mitte durchaus verstehen, dass sie, nachdem sie die letzten Jahre ihren Strom durch eigene günstige Netze zum Verbraucher gebracht haben, diese jetzt doch gerne wieder los wären. Getreu dem Motte: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert

Wenn die Netze dann irgendwann saniert sind und den modernen Anforderungen genügen, fällt sicherlich wieder jemandem ein, dass die Aufgabe in den Händen privater Unternehmen dem Bürger sicherlich Vorteile bringt.

Wäre das, was uns hier angeboten wird, irgendwie lukrativ, wäre dieser Kuchen auf dem privaten Kapitalmarkt längst verteilt.

Am 28.08. diesen Jahres habe ich um 18:25 Uhr auf HR1 einen Bericht über die Zukunftssicherheit unserer Stromnetze gehört, der mich sehr nachdenklich gestimmt hat. Seither habe ich 4 Mal versucht, diesen Redebeitrag zu bekommen und an Sie zu verteilen.

Gestern Vormittag erhielt ich einen Anruf vom HR Archivservice, dass dieser Beitrag leider nicht archiviert ist. Warum steht gerade dieser Artikel nicht mehr zur Verfügung? Wurde hier Einfluss genommen? Vielen Dank du Hessischer Rundfunk, Anstalt öffentlichen Rechts, ich denke mir meinen Teil. Ich hoffe, das steht so in der Zeitung.

alle kennen unsere finanzielle Lage und im Top 4 haben wir heute Einzelheiten zum Haushaltsvollzug erfahren – prognostiziertes Defizit von weiteren 550.000€ zum ohnehin schon nicht ausgeglichenen Haushalt! Passt das mit dem Top 10.5 zusammen, in dem wir eine Ausfallbürgschaft in höhe von knapp 400.000 € geben?

Uns haben die Informationen, die uns nicht schlauer gemacht haben sondern ein mulmiges Bauchgefühl hinterlassen, zu dem Entschluss gebracht, in diese finanzielle Achterbahn nicht einzusteigen.

Und ich hoffe, dass es mehr Mandatsträger hier im Raum gibt, die das ähnlich sehen und zum Wohle aller unserer Bürger und nicht leichtfertig zum Wohle weniger Nutznießer aus dieser Transaktion stimmen werden.

Die FDP-Fraktion hier in Neukirchen wird geschlossen gegen die Anträge stimmen.