Parlamentsmehrheit mit „Vogel-Strauß-Politik“
Mit einer großen Mehrheit der Stimmen von SPD, CDU, UBL und B 90/Grüne beschloss das Stadtparlament in seiner Sitzung am 3. Mai, auch im kommenden Kindergartenjahr die Betreuung in zehn Gruppen durchzuführen. Die FDP-Fraktion konnte sich diesem Beschlussvorschlag des Haupt- und Finanzausschusses nicht anschließen und stimmte als einzige Fraktion mit NEIN. Hintergrund der Entscheidung der FDP-Fraktion ist die reale Situation in den Kindergärten und die Finanzlage der Stadt Neukirchen.
Zur Situation in den Kindergärten (fünf Standorte, 220 Plätze):
– zum 1. August 2012 sind 53 Plätze frei
– zum 1. April 2013 sind 36 Plätze frei (bedingt durch sukzessive Anmeldungen)
– zum August 2013 und April 2014 werden sich die freien Plätze weiter erhöhen
– die Belegung in den einzelnen Standorten zeigt bei der maximalen Belegung am 1. April 2013 große Unterschiede:
– Seigertshausen (14 von 25), Asterode (18 von 20), Riebelsdorf (34 von 45 in 2 Gruppen), Birkenalle (76 von 90 in 4 Gruppen) und Klingelbach (45 in 2 Gruppen bei 40 Plätzen!)
Zur politischen und finanziellen Situation:
– der Zuschussbedarf für die Kinderbetreuung beträgt 2012 rund 760.000€
– allen Stadtverordneten und dem Magistrat sind diese Fakten seit langem bekannt
– seit Jahresbeginn wurde eine Entscheidung mehrfach vertagt
– der Magistrat zeigt sich handlungsunfähig und bringt nicht die politische Kraft auf, eine Entscheidung über die Schließung einer Gruppe oder eines Standorts vorzuschlagen, sondern unterbreitet der Stadtverordnetenversammlung folgenden Beschlussvorschlag: „Der Beschluss ergibt sich aus den Beratungen.“ Solch einen Beschlussvorschlag gab es in den letzten Jahrzehnten noch nicht!
– das Defizit des städtischen Haushalts beträgt 2012 rund 600.000€
– am 23. Februar 2012 beschloss die Parlamentsmehrheit mit den Stimmen der SPD, UBL und B 90/Grüne im Haushaltssicherungskonzept die Schließung einer Gruppe
– nach Berechnung des Stadtkämmerers zur Haushaltssanierung beträgt das Einsparpotential für eine Gruppe jährlich 50.000€ (von August 2012 bis Ende 2015 rund 165.000€ !)
Angesichts dieser Sachlage hält die FDP-Fraktion die Schließung einer Gruppe zum August dieses Jahres für unumgänglich. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Helmut Reich begründete ausführlich die Entscheidung: „Wir können die emotionale Betroffenheit der wenigen Eltern, deren Kinder von der Schließung einer Gruppe betroffen wären, nachvollziehen, doch wir müssen auch der Wahrheit ins Auge blicken. Und die sieht so aus, dass die Zahl der Kinder beträchtlich zurückgegangen ist und sich alle politisch Verantwortlichen dieser Realität stellen und Entscheidungen treffen müssen. Aus mangelndem Mut keine Entscheidung zu treffen und so zu tun, als könne man weiter machen wie bisher, ist verantwortungslos. Es ist nicht gerecht gegenüber allen Steuerzahlern, wenn die Stadt für jedes anspruchsberechtigte Kind 1,3 Plätze mit dem entsprechenden Betreuungspersonal vorhält und dadurch mehr Geld ausgibt als nötig. Es ist auch nicht gerecht gegenüber Eltern, Kindern und Betreuungspersonal, wenn die Gruppengrößen zwischen 12 und 25 Kindern schwanken. Tatsache ist, dass in den Kindergärten der Stadt Neukirchen seit vielen Jahren hervorragende Arbeit geleistet wird und der Rechtsanspruch von allen anspruchsberechtigten Eltern jederzeit eingelöst werden kann. Die Stadt bietet jedem Kind einen Platz und nimmt aufgrund des großen Angebotes sogar bis zu 10 Kinder aus Nachbargemeinden auf. Einen Anspruch auf einen Platz an einem bestimmten Standort kann es aber nicht geben.“
Der demografische Wandel ist aufgrund der zurückgehenden Geburtenzahlen bereits deutlich spürbar und zeigt seine Wirkungen im Bereich der Kinderbetreuung. FDP-Sprecher Helmut Reich: „Wer die Realität nicht zur Kenntnis nimmt, betreibt „Vogel-Strauß-Politik“, steckt den Kopf in den Sand und verspielt Handlungsoptionen für die Zukunft.“